Der Phönix-Mythos

Wie der „Phönix aus der Asche“ beschreibt man bereits abgeschriebene Dinge, die plötzlich in ihrer vollen Kraft zurückkehren. Der Mythos des Phönix stammt ursprünglich aus dem alten Ägypten, wurde dann in Griechenland und Rom weiterentwickelt. Sogar in der christlichen Mythologie, laut dem Werk „Physiologus“ ist der Phönix ein Symbol für die Überwindung des Todes durch Christus.

Der Ursprung des Phönix stammt aus dem alten Ägypten, hier wurde er „Benu“ genannt. Das Konzept der zyklischen Erneuerung war in Ägypten sehr wichtig, sowohl der wiederkehrende Sonnenverlauf als auch das jährliche Anschwellen des Nils. Vieles vom Phönix lernen wir vom griechischen Geschichtsschreiber Herodot (Historien 2,73). Der Phönix komme alle 500 Jahre nach Heliopolis, wenn sein Vater gestorben ist. Er trägt ein gold-rotes Gefieder und hat von allen Vögeln mit einem Adler die größte Ähnlichkeit. Dort formt er ein Ei aus Myrrhe und legt den Leichnam des Vaters hinein. Daraus schlüpft später ein neuer Phönix.

Die spätere Sage, die wir zumeist kennen, beschreibt, dass der Phönix nach ca. 500 Jahren, am Ende seines Lebens, in Flammen aufgehe. In seiner Asche bleibt ein Ei zurück, aus dem kurze Zeit später ein neuer Phönix schlüpfe. Hier wird der Phönix in seiner eigenen Asche wiedergeborene und ist somit ein Symbol für Erneuerung, Wiedergeburt und die ultimative Transformation.

Die spirituelle Transformation in uns selbst
Was können wir aus dem Archetypen des Phönix lernen? Der Phönix lebt nicht teilweise in seinen Kindern weiter sondern geht in die totale Transformation. Durch die Selbstverbrennung löst er sich komplett in Asche auf und ist dadurch (scheinbar) im Freitod gestorben. In der spirituellen Deutung symbolisiert diese Selbstverbrennung die totale Auflösung der bestehenden Glaubenssätze und Vorstellungen. Alte Strukturen, gedankliche Konstrukte und Weltbilder lösen sich komplett auf. Doch die wahre Essenz des Phönix, der göttliche Funke und seine Form als majestätischer Vogel, der sich in die Lüfte erhebt, ist nur scheinbar gestorben. In der verbliebenen Asche hinterlässt der Phönix ein Ei (Symbol für den Neubeginn) mit seiner reinen Seele, geläutert von allem, was nicht zu ihm gehört.

Fremdbestimmte Glaubenssätze, Erwartungshaltungen, Schuldgefühle, dogmatische fremdimplantierte Werte und Normen – das alles löst sich durch den Transformationsprozess in Asche auf und fällt vollständig von der wahren Natur des Phönix ab, der seine eigene Identifikation mit diesen Anhaftungen komplett aufgibt. Ein Leben mit diesen alten Strukturen hat keinen Sinn mehr und bedarf einer Erneuerung. Der Zeitraum von 500 Jahren beschreibt symbolisch, dass die Glaubenssätze nicht sofort entstanden sind. Kinder sind Menschen gegenüber zunächst offen und frei von Vorurteilen. Sie finden schnell Freundschaften ohne Stereotypen, schenken schnell Vertrauen auch zu Erwachsenen und insbesondere denjenigen, die sie behüten und aufziehen. Im Laufe ihres Lebens stellen sie jedoch fest, dass neben der lebensnotwendigen und richtungsweisenden Erziehung auch andere Konzepte untergemogelt werden, bestimmte Werte, Normen und Glaubenssätze, die in Wirklichkeit nicht zu seinem wahren Seelenplan gehören. Diese einfach so abzulegen ist nicht so einfach. Im Laufe der Jahre kommen nicht nur neue Weisheiten und Erfahrungen dazu, sondern auch die Anzahl fremdbestimmter Konzepte nimmt zu, die mit dem Wesen des älterwerdenden Menschen immer mehr zusammenwachsen.

Viele Weisheitslehren führen Rituale des Mystischen Todes ab, bei dem der Neuling sein altes Leben ablegt, symbolisch stirbt, und wie der Phönix geistig wiedergeboren ein neues Leben in einem neuen Bewusstsein beginnt. Auch die christliche Taufe steht in dieser Tradition, denn das Untertauchen ist nichts anderes, als der mystische Tod des alten (heidnischen) Lebens zugunsten der Unterordnung in die christlich geprägten Werte und Normen und Glaubensvorstellungen.

Manchmal brauchen wir, insbesondere wenn wir ein neues erweitertes spirituelles Bewusstsein erlangt haben, eine Transformation. Wenn wir uns wünschen, dass sich unser Leben zum Positiven verändert, müssen wir zunächst den seelischen Ballast fremdbestimmter Ansichten auflösen. So kann sich unser wahrer Wesens- und Seelenkern wieder frei entfalten. Dieser Schritt erfordert Mut, denn es ist nicht einfach ein bestehendes Weltbild komplett fallenzulassen und durch ein völlig neues zu ersetzen.

Dieser Transformationsprozess kann die Auflösung und das Loslassen unserer (scheinbar) tiefsten Prinzipien und Glaubenssätze erfordern. Vielleicht haben wir uns immer fest vorgenommen, diese Prinzipien niemals zu verraten und mit unserem Leben zu verteidigen und zu verbreiten. Aber was machst du, wenn du erkennst, dass diese Prinzipien größtenteils nur aus Lügen bestehen? Hast du den Mut, dich – wie ein Phönix – zu transformieren und dich vollständig von diesen Strukturen, die dich in deiner spirituellen Entwicklung begrenzen, zu lösen? Möglicherweise hast du bereits in der Vergangenheit mehre Male eine reinigende seelische Transformation durchlaufen, diese Reinigung findet im Leben evtl. mehrmals statt.

Nur du entscheidest, ob du weiterhin in den alten Strukturen gefangen bleibst oder den Mut aufbringst, in die spirituelle – phönixgleiche – Transformation zu gehen und dir erlaubst, dein wahres majestätisches Potential zu entfalten, dich aus der Asche glorreich zu erheben und den göttlichen Funken in dir zu entfachen – viel Erfolg bei diesem Prozess zur Unsterblichkeit.